Kategorien
bcpb bcpb17

Dystopie als wirkungsvolles Lernziel im Bildungsrollenspiel

Diskussions-Session über Dystopien als Szenarien für politische Bildung, insbesondere als Mini-LARP

Input:
Als erste Utopie gilt Thomas Morus‘: „Utopia“. Es ist unklar ob damit oi-topos (guter Ort) oder ou-topos (Nicht-Ort) gemeint war. Heute wird Utopie generell als optimaler Ort gelesen.

In der Zeit der Industrialisierung entstehen erste Dystopien. Die bekanntesten Dystopien sind Brave New World (Adlous Huxley) und 1984 (George Orwell).
Dystopie und Utopie sind Kehrseite voneinander.
Welches Genre dominiert ist abhängig von der gesellschaftlichen Verfassung:
→ in prosperierender Gesellschaft dominieren Utopien
→ in schwierigen Situationen dominieren Dystopien

Heute gibt es keine zwangsläufig klare Trennung mehr, es gibt einen fließenden Übergang zur Science Fiction.

Dystopie gilt heute als Parallelwelt/ Überzeichnung bestehender Verhältnisse/ Umstände mit dem Ziel der Reflexion der bestehenden Verhältnisse.

In der politischen Bildung werden Dystopien häufig durch Mini-LARPs und Planspiele behandelt.

Diskussion unter der Leitfrage „Warum spielen wir keine Utopie, sondern Dystopien?“
– Weil wir Probleme in der Gesellschaft sehen und diese reflektieren wollen (Wie kommen wir daraus? Worauf steuern wir zu?)
– um Kritik zu schärfen
– „Angstmache“ bzw. weil Negatives eher hängen bleibt
– weil wir kein festes Bild kreieren wollen („Ich hab die Weisheit mit Löffeln gefressen!“); lieber eine offene Herangehensweise
– es ist schwieriger, Utopien zu schaffen; Abgrenzung von Problematischem ist einfacher
– Dystopische Elemente/ Geschichten sind gerade „in“, catchen Leute, nehmen sie mit
– LARP als spielerische Methode soll auch Spaß machen
– Utopien können schnell langweilig werden
– aktuelle Dystopien extrapolieren häufig nicht gesellschaftliche Verhältnisse, sondern setzen die Menschheit in eine massive Krise (z.B. Zombieapokalypse, Meteoriteneinschlag, …) und betrachten eher Gruppenprozesse und Versuche, neue Gesellschaft zu schaffen (im engeren Sinne eigentlich damit keine Dystopien mehr)
– für den Bildungskontext u.U. trotzdem spannend, weil Gesellschaft durch eine kleine Gruppe repräsentiert wird und Gruppenprozesse reflektiert werden können (z.B. auchdie Frage „Wer darf rein?“) oder die Frage unter welchen Umständen eine neue Gesellschaft aufgebaut werden soll
– Gibt es auch schon durch sog. Trutzburgszenarien (eine Gruppe ist irgendwo verschanzt und wird belagert; häufig muss sich eine Person für die Gruppe opfern)
– es gibt Settings, die sich nur schwer verwenden lassen (insbesondere utopische Settings), da Menschen durch Gesellschaft vorgeprägt sind

– Utopische Elemente finden sich z.B. in der Zukunftswerkstatt (Auch Möglichkeit der Umgestaltung dieser Methode in ein Mini-LARP)

– Dystopie-Settings häufoig angelehnt an Nordic LARPs (Play to lose, es geht um das Erfahren einer Situation)
– Play-to-lose-Szenarien haben keine Siegbedingungen, obwohl es oft mehr oder weniger klare Ziele gibt, es geht um den Prozess

Wie geht mensch damit um, wenn TN das Spiel manipulieren, sich nicht einlassen können oder nicht im Spiel vorgesehene Lösungen finden wollen?
– sehr schwierig, Menschen müssen sich auf das Spiel als Setting einlassen und sich an die spielimmanenten Regeln halten
– Möglichkeit der Spielunterbrechung und Klärung
– Vorübungen sind (insbesondere für unerfahrene Gruppen) wichtig
– Möglichkeit der Reflexion der Intention des Ausbruchs
– LARPs bieten auch die Gefahr, sich darin zu verlieren oder zu stark belastet zu werden, was eine Intention für Boykott sein kann

Wie kann ein dystopisches Mini-LARP zu Überwachung aussehen?
– „Tonny“ bietet bereits gute Ansätze, aber es fehlt die Geschichte
– Rollen können helfen, können aber auch dazu führen, dass der Effekt des Überwacht-werdens verloren geht